Digitale Sammlung zur Geschichte des Telegrafenbergs
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Geoid

Zum Geoid und seiner Bestimmung
von Joachim Höpfner, Potsdam (2007) –  vollständige Darstellung (PDF, 58,16 KB)

19.Jh.
Die Gradmessungen haben gezeigt, daß die mathematische Figur der Erde nur in erster Näherung durch ein Rotationsellipsoid beschrieben werden kann.

1828
C. F. Gauß deutete die mathematische Oberfläche der Erde als diejenige Fläche, welche überall die Richtung der Schwere senkrecht schneidet und von der die Oberfläche des Weltmeeres einen Teil ausmacht.

1837
F. W. Bessel äußerte den Gedanken, man könne sich die durch die Meeresfläche dargestellte Niveaufläche auch in die Kontinente fortgesetzt denken, wenn man sich ein Netz wassergefüllter Kanäle vorstellt, die mit dem Meer in Verbindung stehen. […]

1880
F. R. Helmert gab eine Methode an, Geoidprofile auf graphisch-rechnerische Weise aus Lotabweichungen abzuleiten (astronomisches Nivellement).

ab 1886
Bei den Methoden von Villarceau und Helmert sind engmaschige astronomisch-geodätische Netze zu bestimmen. Anfänglich konnte aber die Anlage des Netzes nur nach einem großräumigen Plan erfolgen. Ausnahmen waren systematische Lotabweichungsuntersuchungen in der Umgebung von Moskau (von G. Schweizer), in der Schweiz (1886) und im Harz (von Baeyer, 1865, von L. Krüger, 1888 und von A. Galle,1914). […]

2.H. des 20.Jh.
In der Landesvermessung dienen vor allem Schweremessungen mit Gravimetern zur regionalen Geoidbestimmung. Das Verfahren ist aber viel zu aufwändig, um es für eine globale Geoidbestimmung zu benutzen.

4.10.1957
Start des ersten künstlichen sowjetischen Erdsatelliten Sputnik 1; Beginn von Satellitenbeobachtungen.

Anfang 1960er
Die ersten bedeutsamen Ergebnisse aus Satellitenbeobachtungen sind: Bestimmung der Erdabplattung mit bis dahin unerreichter Genauigkeit und Entdeckung der sogenannten Birnenform der Erde, d.h., es wurde festgestellt, daß das Geoid der Erde am Nordpol eine Beule und am Südpol eine Delle hat, wodurch mit etwa +15 m im Norden und mit etwa -15m im Süden eine Nord-Süd-Asymmetrie der Erdfigur auftritt. […]

1969
Bildung des Zentralinstituts für Physik der Erde (ZIPE) aus dem Geodätischen Institut Potsdam, dem Geomagnetischen Institut Potsdam, dem Institut für Bodendynamik und Erdbebenforschung Jena und dem Geotektonischen Institut Berlin. […]

Neue Ära
Seit Beginn der Satellitenzeit wird die Vermessung des globalen Schwerefeldes der Erde durch die Analyse von Messungen der Satellitenbahnstörungen, die von Unregelmäßigkeiten der Erdfigur und der Dichte- und Massenverteilungen im Erdinnern auf Umlaufbahnen herrühren, kontinuierlich durchgeführt und ständig verbessert. […]

1.01.1992
Gründung des GeoForschungsZentrums (GFZ) Potsdam

19.04.1995
Speziell für die Schwerefelderkundung entworfen und gebaut, wird der Satellit GFZ-1 – ein passiver, mit 60 Laser-Retroreflektoren ausgerüsteter Kleinsatellit von der Größe eines Fußballs und mit einer Masse von ca. 21 kg – aus der russischen Raumstation MIR ins All gestartet. Der auch als Space-Trabbi bezeichnete Satellit fliegt in 390 km Höhe mit einer Bahnneigung von 52° zur Äquatorebene um die Erde.
(Der Satellit GFZ-1 ist nach einer Lebensdauer von 4 Jahren im Juni 1999 in der Erdatmosphäre verglüht.)
Da der Satellit die Erde in einer nicht-polaren Bahn umkreiste, hatte die Mission folgende Nachteile: Die nur auf einem Gürtel zwischen 52° nördlicher und südlicher Breite verlaufende Bahn des Satelliten konnte nur sehr lückenhaft durch ca. 12 Laserstationen verfolgt werden. Außerdem wurde die Auswertung der Messungen noch erschwert, weil sich bei einer sehr niedrigen Flugbahn die Restatmosphäre auf die Satellitenbewegung störend auswirkt.

15.07.2000
Start des deutschen Geoforschungssatelliten CHAMP (CHAllenging Mini-Satellite Payload for Geosciences and Application), der anfangs in 452 km Höhe in einer polaren kreisförmigen Bahn die Erde umrundet. Der 525-kg-Satellit, der zusammen mit einem Meßausleger 8 m lang ist, hat Instrumente zur Vermessung von Schwere- und Magnetfeld und zur Sondierung von Atmosphäre und Ionosphäre an Bord.

17.03.2002
Start des Satellitenpaars GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment), d. h., zwei CHAMP-ähnlichen Satelliten, die als Tandem in 220 km Abstand in derselben polaren Bahn 500 km über der Erde fliegen. Die amerikanisch-deutsche GRACE-Mission hat die gleichen Aufgaben wie die CHAMP-Mission, ausgenommen Magnetfeldvermessung.
[…] Schließlich haben die Schwerefeldmissionen GFZ-1, CHAMP und GRACE dazu geführt, daß in den letzten Jahren große Fortschritte in der räumlichen Auflösung und Genauigkeit des Schwerefeldmodells der Erde gemacht werden konnten. Gegenüber bisherigen Schwerefeld- und Geoidmodellen werden Strukturen mit einigen hundert Kilometern Durchmesser aufgelöst und dabei eine bis um 2 Größenordnungen höhere Genauigkeit erreicht. Speziell mit GRACE konnten erstmals zeitliche Variationen des Schwerefeldes bzw. des Geoids der Erde erfaßt werden. […]

Sept. 2007
Voraussichtlicher Start des Satelliten GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer) mit einer Flughöhe von 240 km. Ziel der Mission ist die Bestimmung eines globalen Geoidmodells mit einer Genauigkeit von ca. ±1 cm bei einer räumlichen Auflösung von 100 km.