Digitale Sammlung zur Geschichte des Telegrafenbergs
Header

Albrecht, Carl Theodor

(1843 – 1915)

Leiter, Internationaler Breitendienst

Theodor_Albrecht

Carl Theodor Albrecht, Leiter Internationaler Breitendienst

“Am 31. August 1915 verstarb in Potsdam – einen Tag nach Vollendung seines 72. Geburtstags – der Abteilungsvorsteher im Geodätischen Institut Potsdam und Leiter des Internationalen Breitendienstes Prof. Dr. Theodor Albrecht. Er war fast 50 Jahre maßgebend an den Arbeiten zunächst der Mitteleuropäischen Gradmessung und dann der Internationalen Erdmessung beteiligt. Große Verdienste erwarb er sich bei der Organisation und Leitung des Internationalen Breitendienstes.

Albrecht wurde am 30. August 1843 in Dresden geboren. 1860 begann er ein Studium an der Polytechnischen Schule seiner Heimatstadt, wo er im Fach Geodäsie Schüler von Prof. Nagel war. Anschließend setzte er sein Studium an den Universitäten in Berlin und Leipzig fort. Bereits während seiner Studienzeit trat er am 1. Mai 1866 als Assistent in das Zentralbüro der Mitteleuropäischen Gradmessung ein.

Nach Gründung des Geodätischen Instituts (1870), das zugleich die Geschäfte des Zentralbüros übernahm, wurde er in dieses Institut übernommen. Er war zunächst unter der Leitung von Bruhns bei verschiedenen astronomisch-geodätischen Arbeiten eingesetzt. Nachdem Bruhns 1873 von der Leitung der astronomischen Sektion des Instituts zurückgetreten war, wurde Albrecht von Baeyer, Johann Jacob, Direktor des Instituts, mit der Leitung der astronomischen Arbeiten beauftragt.

Als Albrecht 1867 – noch als Student – als Beobachter an einer telegraphischen Längenbestimmung teilnahm, betrat er das Arbeitsgebiet, das ihn nach eigenem Zeugnis am meisten angezogen hat. Er führte 51 Längenbestimmungen unter persönlicher Teilnahme als Beobachter aus und leitete 12 weitere Bestimmungen. Hervorzuheben sind besonders die Längenbestimmungen Potsdam – Pulkovo und Potsdam – Greenwich. Noch mit 71 Jahren leitete er die Messung des Längenunterschieds zwischen Borkum und New York in die Wege, wobei er die Beobachtungen auf der Zwischenstation Horta auf den Azoren selbst übernahm. Der erste Weltkrieg unterbrach die Arbeiten, und Albrecht konnte nur unter großen Schwierigkeiten in die Heimat zurückkehren. Sein Bemühen war es stets, die Beobachtungsmethoden zu verbessern und die Genauigkeit zu erhöhen. So stellte er sofort nach Aufkommen der drahtlosen Telegraphie Versuche zu ihrer Verwendung bei Längenbestimmungen an und verwendet sie bereits 1906 bei der Bestimmung des Längenunterschieds Brocken-Potsdam.

Der Wirkungskreis von Albrecht erweiterte sich beträchtlich, als 1895 durch die Allgemeine Konferenz der Internationalen Erdmessung die Einführung des Internationalen Breitendienstes beschlossen wurde. Bereits vorher hatte Albrecht 1890 auf Wunsch der Permanenten Kommission die Auswertung der Beobachtungsreihen in Berlin, Potsdam und Prag bezüglich der Veränderlichkeit der Polhöhe ausgeführt und 1892 die gleichzeitigen Beobachtungen in Berlin und Honolulu bearbeitet. In Vorbereitung des Breitendienstes widmete sich Albrecht zunächst mit großer Intensität der Auswahl der Beobachtungsstationen und der Aufstellung des Beobachtungsprogramms. Er sorgte für größte Einheitlichkeit der Beobachtungen in Bezug auf Methode und Beobachtungsinstrument. Mit großer Tatkraft führte er dann die Bearbeitung der Beobachtungen aller Stationen aus, um möglichst schnell provisorische Ergebnisse vorlegen zu können, denen dann die endgültigen Reduktionen in den Sammelbänden Resultate des Internationalen Breitendienstes folgten. An den Konferenzen der Internationalen Erdmessung nahm Albrecht regelmäßig teil und legte dabei 20 Berichte vor. Seine Arbeiten auf dem Gebiet der Längen-, Breiten- und Azimutbestimmungen sind in insgesamt 20 Bänden der Reihen Astronomisch-Geodätische Arbeiten bzw. Astronomisch-Geodätische Arbeiten I. Ordnung veröffentlicht. Von der Reihe Resultate des Internationalen Breitendienstes waren bis zum Tode von Albrecht 4 Bände erschienen, ein 5. Band lag handschriftlich vor. Außerdem erschienen zahlreiche Arbeiten von Albrecht in den Astronomischen Nachrichten.

Nicht unerwähnt bleiben sollte die 1873 erfolgte Herausgabe des Buches Formeln und Hilfstafeln für geographische Ortsbestimmungen nebst kurzer Anleitung zur Ausführung derselben , das 1908 bereits in 4. Auflage erschien und 1967 in einer Überarbeitung durch Sandig nochmal herausgegehen wurde. Die wissenschaftlichen Verdienste von Albrecht fanden durch zahlreiche Ehrungen verdiente Anerkennung. Er war korrespondierendes bzw. auswärtiges Mitglied mehrerer Akademien und gelehrter Gesellschaften; von der Technischen Hochschule Stuttgart wurde ihm die Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber verliehen. Nach: Theodor Albrecht/Galle. A. – In: Vierteljahresschrift der Astronomischen Gesellschaft, Leipzig 50 (1915) 3 U. 4. S. 170-175. ” (Wiedergabe mit Genehmigung des Autors G. Hemmleb).

Quelle: Hemmleb, G.: Vor 75 Jahren starb Theodor Albrecht, Leiter des Internationalen Breitendienstes. – Vermessungstechnik (1990) 38,8. S. 285-286