Telegrafenlinie
“Mit Kabinettsorder vom 21.7.1832 verfügte Friedrich Wilhelm III. die Errichtung einer optischen Telegraphenlinie im Königreich Preußen, welche von Berlin über Potsdam, Magdeburg und Köln bis Koblenz reichte. Insgesamt wurden, jeweils 1 ½ bis 2 preußische Landmeilen (11,3 bis 15,1 km) voneinander entfernt, 61 Stationen errichtet. Die vierte befand sich auf dem so zu seinem Namen gekommenen Telegraphen-Berge bei Potsdam zwischen den Stationen auf dem Schäferberge bei Wannsee und dem Fuchsberge bei Glindow. Nachdem bereits 1847/48 mit der Herstellung des elektromagnetischen Telegraphen in der Berliner Telegraphenanstalt von W. von Siemens und J.G. Halske der optische Zeigertelegraph und damit die Station auf dem Telegraphenberg wieder ihre Bedeutung verloren, …”
Quelle: E. Hurtig, aus dem Vorwort zur Wiederauflage 1989 von: Die Königlichen Observatorien auf dem Telegraphenberge bei Potsdam. (Übersicht: Textteil und Tafeln) (website)
“Seit 1815 waren die Rheinlande eine preußische Provinz geworden. Es entstand das Bedürfnis, zwischen diesem entlegenen Teile an der Grenze des Königreichs und der Hauptstadt eine schnelle Verbindung herzustellen. Die Verwirklichung dieses Gedankens bildete die TelegraphenlinieBerlin-Coblenz.
Die durch königliches Dekret vom 21. Juli 1832 genehmigte Telegraphenlinie war die erste Linie dieser Art in Deutschland. Die 465 km lange Strecke enthielt 61 Stationen. Der Telegraph war nicht für den öffentlichen Verkehr bestimmt, sondern beförderte nur Staatsdepeschen, die geheim gehalten wurden, und hat seinem Zwecke bis 1848 gedient. Dann wurde er durch den Siemensschen elektrischen Telegraphen abgelöst, der Berlin mit Frankfurt als dem Sitze des Parlaments verband und ebenfalls über Potsdam ging. Dieser war dann auch dem Publikum zur Benützung freigestellt.
Waren keine Bauwerke vorhanden, die sich zur Aufstellung des Telegraphen eigneten, so wurden besondere Türme errichtet.In dem Turm war durch die beiden oberen Stockwerke ein runder Mastbaum aus Tannenholz hindurchgeführt, der noch an der Durch-bruchstelle 25 bis 30 cm, an der Spitze 15 cm dick war und die den Turm oben abschließende Plattform um 10 m überragte. Er konnte bei starkem Winde durch Sturmstangen gestützt werden. Dieser Mast war, wie noch heute die optischen Bahntelegraphen, mit verstellbaren Armen versehen, die Indikatoren genannt wurden.
Im ganzen waren 6 Arme vorhanden, die in drei verschiedenen Höhen paarweise einander gegenüberstanden. Jeder Indikator bestand aus einem hölzernen Rahmen, dessen Dicke nach dem äußeren Ende hin. verjüngt zulief. Das Innere des Rahmens war durch Blechplatten jalousieartig ausgefüllt. Eine Platte deckte die andere so weit, daß man nicht hindurchsehen konnte, wenn man gerade darauf sah, daß aber doch die Zwischenräume dem Winde freien Durchgang gestatteten, damit die Arme nicht bei Stürmen abgebrochen wurden. Jeder Arm konnte waagerecht, schräg aufwärts, schräg abwärts gestellt werden oder hing senkrecht herab. Damit man im Innern des Turmes, von wo aus die Arme durch Drahtseile und Zugstangen mittels Ausrückhebel gestellt wurden, wo man aber den eigenen Telegraphen nicht sehen konnte, genau wußte, wie seine Indikatoren standen, hatten die Hefte der Ausrückhebel genau die selbe Stellung wie die zugehörigen Indikatoren. An besonderen Scheiben konnte zudem das eingestellte Zeichen abgelesen werden, und es waren die 3 Paare zur Unterscheidung mit den Buchstaben A, B, C versehen.
Alle Telegramme wurden in Ziffern geschrieben. Von den 15 Zeichen, die mit jedem Indikatorpaare sich darstellen ließen, wurden zunächst nur 9 verwendet; abgesehen von der Null, die durch den herabhängenden Arm ausgedrückt war, konnten also in jeder Etage die Ziffern 1 bis 9, also mit den drei Paaren von Armen die Zahlen von 1 bis 999 (und 0) eingestellt werden. Die noch übrigen Zeichen wurden nur in besonderen Fällen gebraucht.
Da die Zeichen verschieden aussehen, je nachdem sie von Osten oder Westen betrachtet werden, so erforderte es große Übung, die bald von Berlin, bald von Coblenz her kommenden Signale mit Schnelligkeit einzustellen. Die einen waren die Spiegelbilder der andern. Zur Ausrüstung der Stationen gehörten eine Uhr,’ nach der die Zeiten der weitergegebenen Telegramme notiert wurden, und ein Fernrohr, mit dem der Nachbartelegraph vier- bis fünfmal in der Minute betrachtet werden sollte. Es war dadurch auch möglich, die Einstellung eines entfernteren Telegraphen zu erkennen. Häufig hat die Witterung das Telegraphieren erschwert oder verhindert, aber Versuche, durch Lichtsignale und bei Nacht zu telegraphieren, scheiterten infolge der damals noch mangelhaften Beleuchtungstechnik.
Die ganze Anlage und Einrichtung rührte von dem Geheimen Postrat Pistor her, der mit Martins zusammen die bekannte Werkstatt für astronomische Instrumente gegründet hat, die später von Bamberg übernommen wurde und jetzt in den Askaniawerken ihre Nachfolger hat.
Der Anfangspunkt der Linie war die alte Sternwarte in Berlin, Dorotheenstraße 64, die 1702 von Grünberg als ein viereckiger Turm von 26 m Höhe mit einer Plattform in fünf Stockwerken erbaut und 1711 vollendet worden war. Dieses Gebäude beherbergte auch im zweiten Stockwerke die 1700 von Leibniz gegründete Sozietät, spätere Akademie der Wissenschaften, die hier 1711 eröffnet wurde und ihre Sitzungen abhielt. Auf der Sternwarte hat seit 1772 der Astronom Bode beobachtet, der das Astronomische Jahrbuch begründet hat und durch seinen Sternatlas und seine „Anleitung zur Kenntnis des gestirnten Himmels” in weiten Kreisen bekannt geworden ist.
Ihm folgte 1825 Encke, der vorher Direktor der Sternwarte auf dem Seeberge bei Gotha war. Durch Alexander von Humboldts Fürsprache erreichte Encke den Bau einer neuen Sternwarte am Ende der Charlottenstraße, wo der Enckeplatz nach ihm benannt ist, gegenüber dem Kammergericht, Lindenstraße 15; sie wurde 1832 bis 1835 erbaut. (Kurz vor dem Weltkriege ist dann die Berliner Sternwarte nach Babelsberg verlegt worden). Die alte Sternwarte auf dem noch jetzt von der Akademie und der Staatsbibliothek eingenommenen Gelände war für die Errichtung des optischen Telegraphen frei geworden.
Potsdam war die vierte Station, früher scheint der Telegraphenberg (96 m Meereshöhe) keinen besonderen Namen gehabt zu haben.
Nachdem die optische Telegraphie aufgehört hatte, versank der Telegraphenberg in Potsdam wieder in Vergessenheit, um nach 25 Jahren zu neuem Leben zu erwachen.”
Quelle: Galle, A. (1926): Zur Geschichte des Potsdamer Telegrafenberges Galle Zur Geschichte des Potsdamer Telegrafenberges (PDF, 40 KB)
Eine kurze Übersicht
Aus: Höpfner, Joachim (2004): Über die Geschichte der Observatorien und Forschungseinrichtungen auf dem PotsdamerTelegrafenberg.: (website)
1832 Bau der Preußischen Staatstelegramm-Linie zwischen Berlin und Koblenz über Magdeburg und Köln (Anschluß des Rheinlandes, ca. 560km): Anhöhe mit 95m nahe der Stadt Potsdam ist 4. Station von 61 optischen Telegrafen (Zeigertelegrafen: 6m hoher Mast mit 3 Flügelpaaren deren Stellungen 4095 Zeichekombinationen erlaubten)
Die Stationen in der Region
1. Alte Sternwarte (Dorotheenstr.)
2. Dahlem (Kirchturm)
3. Schäferberg bei Wannsee
4. Telegrafenberg
5. Fuchsberg bei Glindow
6. Schenkenberg
7. Marienberg (Brandenburg)
8. Mühlenberg (Kirchmöser)
9. Zitz
ab 1848 Beaufsichtigung der optischen Staatstelegrafen durch Oberst J. J. Baeyer
1849 Einführung der Funktelegrafie
1852 Linie wurde eingestellt
- Vgl. die Webseite: Optischer Telegraph in Preußen – Station 4 Telegrafenberg Potsdam
- Dieter Herbath: Die Entwicklung der optischen Telegrafie in Preussen. – Rheinlandverlag : Köln, 1978. (Arbeitsheft 15 – Landeskonservator Rheinland). – ISBN 3-7927-0247-9